Die Freiburger Verlagsbuchhandlung Fr. Paul Lorenz: Ein Unternehmen zwischen Lebensreform und Okkultismus

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Die Freiburger Verlagsbuchhandlung Fr. Paul Lorenz: Ein Unternehmen zwischen Lebensreform und Okkultismus

ehemalige Belfortstraße 2, heute Humboldtstraße

Länge: 03:33 min
Nicole Freyler

In Freiburg gab es in den 1920er-Jahren eine Reihe Verlage, die sich auf okkulte Themen spezialisierten. Der Okkultismus hatte sich als Bewegung seit dem Ersten Weltkrieg kontinuierlich ausgeweitet. Kriegs- und Krisenzeiten waren ein wahrer Nährboden, um neue Möglichkeiten der Lebensführung und Problemlösung auszuprobieren. Die Verlagslandschaft machte dabei keine Ausnahme und spiegelte so das gesteigerte Interesse der Öffentlichkeit am Okkultismus. Einer dieser Verlage war die Fr. Paul Lorenz Verlagsbuchhandlung. Der in Sachsen geborene Friedrich Paul Lorenz (1866– 1946) begann 1894 seine verlegerische Tätigkeit in Freiburg, zunächst spezialisiert auf Reiseliteratur. Kurz nach der Jahrhundertwende löste sich das Unternehmen auf und die Verlagsbuchhandlung Fr. Paul Lorenz wurde gegründet, in deren Sortiment seit 1914 Bücher zur Lebensreform zu finden waren. Lorenz hatte sich diesem Feld zugewandt, nachdem er durch naturheilkundliche Mittel und vegetarische Diät von einer schweren, nicht näher definierten Krankheit geheilt worden war.

Der Bezug des Verlags zu okkulten Themen wird erstmals in dem Almanach Ein Blick in die Zukunft deutlich, der von der bekannten Astrologin Elsbeth Ebertin verfasst wurde und von 1918 bis 1924 bei Fr. Paul Lorenz erschien. Die Spezialisierung des Unternehmens auf „lebensreformerische und okkulte Literatur“ wird 1921 erstmals im Freiburger Adressbuch explizit genannt. Die Verknüpfung beider Bewegungen mag auf den ersten Blick irritieren, ist aber nachvollziehbar, zielten doch die Bücher auf das gleiche Publikum. Publiziert wurde überwiegend Ratgeberliteratur, beispielsweise Wie werde ich Schreibmedium? Wie verkehre ich mit Geistern? oder Fasten als Heilmittel.

Darüber hinaus erschienen bei Fr. Paul Lorenz diverse Reihen und Zeitschriften, von denen sich vor allem Der Spiegel einen Namen machte. Die Monatszeitschrift erschien von 1933 bis Ende 1937 und beinhaltete kurze Artikel, Ratschläge für den Alltag und Anekdoten von Lesern zu den vielseitigen Phänomenen des Okkultismus sowie zu verwandten Gebieten wie Parapsychologie, Charakterstudie, Erfolgspsychologie und Graphologie.

Porträt Friedrich Paul Lorenz (Privatnachlass Anna Gerstner)

Lorenz’ verlegerische Tätigkeit endete 1937 und er konzentrierte sich nun auf seine Arbeit als Buchhändler und Inhaber eines Reformhauses. Das Reformhaus hatte er 1927 eröffnet. Dort wurden verschiedene Produkte aus dem Bereich Lebensreform und Okkultismus angeboten, etwa Wünschelruten oder mediale Schreibapparate, okkulter Schmuck, okkulte Räuchermittel oder Parfüme. Zudem war es möglich, sich astrologische oder graphologische Auskünfte geben zu lassen. Das Angebot von Reformhaus und Buchhandel ergänzte sich.

Unter den Nationalsozialisten, die teilweise eine sehr okkultismuskritische Linie vertraten, geriet auch Lorenz in den Verdacht, unerwünschte Literatur zu besitzen und zu verkaufen. 1940 und 1941 durchsuchte die Gestapo seine Privatwohnung und die Geschäftsräume, allerdings ohne belastendes Material zu finden. Dennoch wurde ein Teil seiner Bücher beschlagnahmt und er erfuhr nie etwas über ihren Verbleib. Nach dem Tod von Lorenz 1946 wurde das Unternehmen von seiner Adoptivtochter Berta Lorenz (1897–1948) geleitet. Als diese zwei Jahre später verstarb, übernahm die Mitarbeiterin Anna Ehmann (1914–2013) das Reformhaus. Die Buchhandlung existierte spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Verlage spielten im Zusammenhang mit der Verbreitung okkulter Themen eine wichtige Rolle. Das ursprünglich Geheime wurde durch die Publikationen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die Bücher verbreiteten bislang unbekannte Erkenntnisse und fungierten als Mittler zwischen Wissenschaft, Praktikern und Gesellschaft. Verlage hatten wesentlichen Einfluss darauf, wie dieses Wissen vermittelt wurde. Folglich waren und sind sie Träger von kulturellem Wissen. Gerade in einem Themenfeld wie Okkultismus wird zudem deutlich, dass sich die privaten mit den geschäftlichen Interessen häufig deckten. Die Verlagsbuchhandlung von Friedrich Paul Lorenz ist hierfür nur ein Beispiel.

von Fides Geist

Heimann, Martha: Die Astrologie im Spiegel Goethescher Dichtung, Freiburg/Br. 1921.

Riedlin, Gustav: Fasten als Heilmittel. Eine Einführung, Freiburg/Br. 1922.

Lorenz, Paul (Hrsg.): Wünschelrute, Siderisches Pendel, Dynamischer Kreis (= Lorenz’sche Bücherschau. Blätter für Bücherfreunde 1), Freiburg/Br. o.J.