"Hansen-Fieber": Der Magnetiseur Carl Hansen in Freiburg (1880)

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"Hansen-Fieber": Der Magnetiseur Carl Hansen in Freiburg (1880)

Stadttheater, Theaterplatz 1 (heute: Augustinermuseum)

Länge: 03:04 min
Reinhard Nürnberg

In Freiburg gastierte 1880 der damals europaweit berühmte Magnetiseur Carl Hansen (1833–1899). An vier Abenden im Oktober trat er im damaligen Stadttheater im Kirchenraum des ehemaligen Augustinerklosters vor ausverkauftem Haus auf und löste nach Auftritten in den Metropolen Europas, in Skandinavien, Russland, Frankreich, Österreich und Deutschland auch in Freiburg ein regelrechtes „Hansen-Fieber“ aus.

In seinen öffentlichen Vorstellungen versetzte Hansen Zuschauer, die er als sensitiv befand, in einen hypnotischen Zustand. Dafür musste die Versuchsperson zunächst ihren Blick auf eine Kugel richten, die er in der Hand hielt. Dazu lief eintönige Musik. Anschließend vollführte Hansen einige Streichbewegungen mit der Hand über das Gesicht der Versuchsperson, und fixierte sie. Schließlich versetzte Hansen die Versuchsperson durch das Zurückbiegen des Kopfes und einen Fingerdruck über den Augen in Hypnose. Die Praxis des Bestreichens ging auf den Mesmerismus im 18. Jahrhundert zurück, eine von dem Arzt Franz Anton Mesmer (1734–1815) entwickelte Methode zur Behandlung psychischer und psychosomatischer Krankheiten.

Üblicherweise befand Hansen bei seinen Vorführungen eine von fünf Personen für seine Experimente tauglich. In Freiburg hingegen fand er eine größere Zahl sensitiver Personen vor, was er, so der Freiburger Arzt und Spiritualist Georg von Langsdorff in einem Aufsatz über Hansen, auf „die Höhenlage“ der Stadt und ihre „reine Bergluft“ zurückführte.

Die Hypnotisierten mussten verschiedene Aufgaben erfüllen. Unter der Anleitung von Hansen und zur Unterhaltung des Publikums verspeisten sie rohe Kartoffeln und Wasser in der Annahme, es sei Kaffee und Kuchen. Bei Hansens spektakulärstem Experiment, der human plank, legte sich eine Versuchsperson so zwischen zwei Stühle, dass ihre Körpermitte in der Luft schwebte. Als Höhepunkt stellte sich Hansen auf die Person, die wie ein Brett zwischen den Stühlen lag.

Zeitgenössische Darstellung des Hypnotisierens (aus: Ernesti, Gottlieb: Elemente der Magie, in: Sphinx. Monatsschrift für die geschichtliche und experimentale Begründung der übersinnlichen Weltanschauung auf monistischer Grundlage, 5 (1888), H. 5, S. 48f.)

Die öffentlichen Vorführungen waren ein großes Spektakel und wurden von der Freiburger Presse nicht nur groß angekündigt, sondern auch ausführlich besprochen. Aber auch Wissenschaftler, Professoren und Ärzte interessierten sich für die Experimente von Hansen. Sie besuchten die Vorstellungen, ließen sich seine Fähigkeiten in privaten Sitzungen vorführen und diskutierten darüber, wie diese Phänomene zustande kamen. Betrug hielten sie für ausgeschlossen.

von Maria Racke

Natale, Simone: Geisterglaube, Unterhaltung und Showgeschäft im 19. Jahrhundert, in: Historische Anthropologie 21 (2013), H. 3, S. 324–342.

Langsdorff, Georg von: Magnetiseur C. Hansen in Freiburg i. B., in: Psychische Studien VII (1880), H. 12, S. 536–542.

Kury, Astrid: „Heiligenscheine eines elektrischen Jahrhunderts sehen anders aus ...“ Okkultismus und die Kunst der Wiener Moderne, Wien 2000.