Theosophie in Freiburg: Eine Spurensuche

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Theosophie in Freiburg: Eine Spurensuche

„Storchensaal“ im Gasthaus Zum Storchen, Schiffstraße 9 (heute: Schwarzwald-City)

Länge: 02:53 min
Reinhard Nürnberg

In der Schiffstraße in Freiburg befand sich der „Storchensaal“. Dort versammelten sich laut Freiburger Zeitung 1905 erstmals die Mitglieder der gerade gegründeten Freiburger Theosophischen Gesellschaft. Bereits 30 Jahre früher (1875) war die Theosophische Gesellschaft als okkulte Gesellschaft in New York von Helena P. Blavatsky (1831–1891) und Henry Steel Olcott (1832– 1907) gegründet worden. Von dort breitete sich die theosophische Bewegung seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert in Zentraleuropa aus. Die Bewegung traf offenbar einen Nerv der Zeit. Sie schien einen Weg aus der Krise anzubieten, die aus der Auflösung vermeintlich kultureller und religiöser Gewissheiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden war.

Im September 1905 fasste die Theosophie auch in Freiburg Fuß. Dies war Rudolf Steiner (1861–1925) zu verdanken, der seit Jahren als die wesentliche Antriebskraft der Theosophie im deutschen Sprachraum galt. Mit seiner späteren Frau Marie von Sivers (1867– 1948) reiste er durch Deutschland und hielt Vorträge. Sein erster Vortrag in Freiburg beschäftigte sich mit dem Schicksal der Seele nach dem Tod und fand im Mai 1905 im „Storchensaal“ statt. Unmittelbar nach seinem zweiten Vortrag über Die Weisheitslehren des Christentums im September des Jahres gründete man in Freiburg einen Zweig der Theosophischen Gesellschaft.

„Storchensaal“, ca. 1898 (aus: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten, hrsg. vom Badischen Architecten- und Ingenieur- Verein, Oberrheinischer Bezirk, Freiburg im Breisgau, Freiburg/ Br. 1898, S. 626)

Die Geschichte der Theosophie in Freiburg ist nur kurz, was mit ihrer generellen Entwicklung zusammenhängt. Die internen ideologischen Streitereien sowie Skandale um die Gründungsmitglieder (v.a. um Blavatsky) hatten zur Krise der Bewegung geführt und es gab Uneinigkeiten bezüglich der Organisation der Gesellschaft. Eine der markantesten Folgen war der Ausschluss Rudolf Steiners aus der Theosophischen Gesellschaft 1912. Steiner hatte schon früh eigene theosophische Ideen entwickelt. Für ihn waren unter anderem die vielfältigen Formen des Okkultismus (als Praktiken und Erklärungen), wie ihn die theosophische Muttergesellschaft und ihre Zweige vertraten, nicht konform mit der eigenen Weltsicht. Steiner begründete die Anthroposophie und konnte damit außerordentliche Erfolge feiern. Insgesamt folgten ihm 90% der deutschen Theosophen. Besonderen Erfolg hatte er im Süden – man denke an das Goetheanum in Dornach bei Basel.

Die Spuren der übrigen Theosophen in Freiburg verlieren sich. In Stuttgart, Bonn oder Leipzig wurden Theosophen Mitglieder in Freimaurerlogen oder okkulten Vereinigungen. Einige wandten sich im Ersten Weltkrieg der Politik zu. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich für Freiburg vermuten, kann jedoch aufgrund der fehlenden Quellen nicht belegt werden. Seit 1914 existierte die Theosophische Gesellschaft in Freiburg jedenfalls nicht mehr.

von Gaetano Rago

Steiner, Rudolf/Steiner-von Sivers, Marie: Briefwechsel und Dokumente, 1901–1925, hrsg. v. Rudolf Steiner- Nachlassverwaltung, 2. Aufl., Dornach 2002.

Zander, Helmut: Anthroposophie in Deutschland. Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945, Bd. 1, Göttingen 2007.