"Die Geister, die ihn riefen": Walter von Lucadou und die Parapsychologische Beratungsstelle

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"Die Geister, die ihn riefen": Walter von Lucadou und die Parapsychologische Beratungsstelle

Hildastraße 64

Länge: 05:09 min
Denis Larisch

Wie wohl in allen Städten dieser Welt gibt es auch in Freiburg Begebenheiten, die mysteriös erscheinen oder ängstigen, weil sie unerklärlich sind. Hierzu zählt der Spuk. Eine bekannte Freiburger Spuklegende spielt im Colombischlösschen, das 1861 von der Gräfin von Colombi (1809–1863) erbaut wurde. Viele Freiburger glaubten, dort bei Nacht eine weiß gekleidete Frau zu sehen. Diese, so mutmaßte man, sei der Geist von Christine, der Tochter der Gräfin, die kurz vor ihrer Hochzeit unter ungeklärten Umständen verstorben war.

Neben solchen Legenden „spuken“ in den Köpfen der Menschen bis heute viele Geister- und Spukgeschichten herum. Filme, Romane, Fernsehsendungen provozieren oft Angst und Unbehagen. Aber was ist, wenn es wirklich spukt? Wie zeigt sich Spuk in der Alltagswirklichkeit von Menschen, die solche Erfahrungen haben? Etwa 3.000 Anfragen erreichen jährlich Dr. Dr. Walter von Lucadou (*1945) und die Parapsychologische Beratungsstelle, darunter viele Berichte von Spukfällen.

Einer dieser Fälle soll im Folgenden kurz beschrieben werden, um das Phänomen sowie die Arbeit der Beratungsstelle zu skizzieren. Der Spuk ereignete sich vor einigen Jahren in einer mittelständischen Firma: Vor einer Geschäftsreise verabschiedete sich der Chef mit den Worten: „Meldet euch bitte nur, falls es wirklich wichtig ist und brennt!“ – und das passierte dann auch tatsächlich. Es gab kleine Brände und der Chef musste vorzeitig zurückkehren. Feuerwehr und Polizei fanden keine Anzeichen für Brandstiftung oder ähnliches – der Fall schien unerklärlich. Bei einer Putzaktion zur Beseitigung der Schäden war auch die Frau des Chefs anwesend. Plötzlich fingen die Jalousien Feuer. Nachdem auch hierfür keine Erklärung gefunden werden konnte, wurde Walter von Lucadou hinzugerufen, um bei der Aufklärung zu helfen. Nach Gesprächen mit den Betroffenen fand er schnell die Ursache für die Brände. Es stellte sich heraus, dass es nur dann brannte, wenn eine junge Mitarbeiterin vor Ort war. Im Gespräch zeigte sich, dass sie sehr an ihrem Chef, für sie eine Art Vaterersatz, hing. Sie konnte nicht ertragen, dass er sie bei seiner Reise allein gelassen hatte, und war zudem eifersüchtig auf die Ehefrau. Dass in ihrer Anwesenheit die Jalousien brannten, lag daher auf der Hand: Jalousie ist ein Lehnwort aus dem Französischen und bedeutet Eifersucht. Offensichtlich, so die Erklärung Walter von Lucadous, hatte die junge Mitarbeiterin ihre Konflikte unbewusst nach außen verlagert und auf diese Weise die Rückkehr des Chefs erreicht (siehe zu Spuk auch).

Walter von Lucadou und die Beratungsstelle in der Hildastr. 64 (Montage: Till Klugermann)

Neben Walter von Lucadou, der in Physik wie Psychologie promoviert ist, arbeiten in der Parapsychologischen Beratungsstelle drei Mitarbeiterinnen. 1989 wurde die Beratungsstelle im Zuge der Jugend-Okkultismus-Welle gegründet, und bis heute wird sie aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg bezuschusst. Damit gab es neben dem 1950 gegründeten, mit Stiftungsmitteln geförderten IGPP eine zweite Einrichtung dieser Art. Auch die Parapsychologische Beratungsstelle bietet Menschen, die durch ungewöhnliche Erfahrungen wie Spuk oder durch den unkritischen Umgang mit Psychotechniken (etwa Gläserrücken), okkulten Glaubenssystemen (wie Hexerei) oder Sekten, in Schwierigkeiten geraten sind, Hilfe an. Sie verfolgt den Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe. Bei der Beratung wird höchste Diskretion gewahrt, um Stigmatisierungen zu vermeiden.

Darüber hinaus bietet die Beratungsstelle Fortbildungen für Psychotherapeuten an. Und nicht zuletzt ist die Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Von Lucadou hält Vorträge (etwa in Schulen), erklärt seine Arbeit in Interviews und versucht so – wie bereits sein Mentor Hans Bender – das Thema Spuk zu „normalisieren“ und ihm zu gesellschaftlicher Anerkennung zu verhelfen.

von Heike Dewaldt und Sabine Ruppert

Lucadou, Walter von/Wagner, Peter: Die Geister, die mich riefen. Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt, Köln 2012.