Das "Phänomen Uri Geller" und Freiburg (1974)
Das "Phänomen Uri Geller" und Freiburg (1974)
Redaktion der Badischen Zeitung, Bertoldstraße 7
Denis Larisch
In den 1970er-Jahren, ähnlich wie in den 1920er-Jahren, rollte eine okkulte Welle durch das Land. New Age und Esoterik gewannen an Einfluss und durch die Medien wurden okkulte Themen und paranormale Phänomene immens popularisiert. Ein Beispiel ist der Film Der Exorzist, ein anderes das Auftreten von Uri Geller (*1946). Der junge Israeli feierte seit Anfang der 1970er-Jahre mit seinen Darbietungen und vermeintlichen Fähigkeiten in den USA und Europa große Erfolge. Egal wo er auftrat, er polarisierte. Während er selbst seine Darbietungen als echte Psi-Phänomene darstellte, wurde ihm von Seiten zahlreicher Kritiker vorgeworfen, mit Bühnentricks zu arbeiten und sein Publikum gezielt zu hintergehen. Gellers Beliebtheit tat dies jedoch keinen Abbruch: Seine Aufführungen, die im Fernsehen übertragen wurden, waren ein Massenspektakel.
Am 17. Januar 1974 wurde auch das deutsche TV-Publikum von der Geller-Manie angesteckt. In der Samstagabendshow „3x9“ präsentierte Uri Geller seine Fähigkeiten. Zu seinem Standardprogramm zählten das telepathische Erraten von Zeichnungen, das Reparieren defekter Uhren mittels Geisteskraft sowie sein wohl bekanntestes Kunststück: das telekinetische Verbiegen von Besteck. Im Anschluss an die Sendung berichteten Hunderte von Fernsehzuschauern, dass sich bei ihnen zu Hause zeitgleich paranormale Phänomene ereignet hätten. Viele Zeitungen schrieben darüber, so auch die Badische Zeitung, die den angeblich durch Telekinese verbogenen Löffel einer Freiburgerin präsentierte.
Zwei Tage nach der TV-Sendung startete die Bild-Zeitung den Aufruf zu einem Geller-Experiment an ihre Leser: „Setzen Sie sich heute kurz vor 17.30 Uhr an einen Tisch. Legen Sie diese BILD-Zeitung auf den Tisch, und legen Sie bitte eine Gabel oder einen Löffel oder eine kaputte Uhr auf die Zeitung. Lassen Sie Ihre flache Hand auf dem Gegenstand ruhen [...] Denken Sie konzentriert an Uri Geller“. Als Ergebnis erreichten über 2.000 positive Berichte die Boulevardzeitung. Auch aus Freiburg. So schilderte eine Freiburgerin: „Ich legte einen Löffel, die Uhr meines Sohnes und eine von mir selbst auf die Bildzeitung. Dann konzentrierte ich mich ganz auf Uri Geller. Es geschah nichts. Doch als ich die Uhr meines Sohnes wieder an den Platz machen wollte, sah ich am Sekundenzeiger, daß sie plötzlich lief. Sie war seit Wochen nicht aufgezogen, weil sie immer hängen blieb. Sie läuft jetzt auch noch, ohne einmal hängen zu bleiben.“ Die Berichte wurden später nach Freiburg zu dem Parapsychologen Hans Bender weitergeleitet, der mit seinen Mitarbeitern dieses Massenphänomen, das er als „Geller-Effekt“ bezeichnete, systematisch untersuchen wollte. Anhand eines Fragebogens, den die Absender der Berichte ausfüllten, sollte ein Persönlichkeitsprofil der betroffenen Personen erstellt werden. Die Auswertung der Fragebögen ergab jedoch keine Abweichung der Persönlichkeitsstruktur von der der Gesamtbevölkerung. Der „Geller-Effekt“ schien alle Gesellschaftsschichten gleichermaßen zu betreffen.
Neben dem Effekt untersuchte Bender Löffelbiegen bzw. metal- bending auch unter Laborbedingungen mit sogenannten Mini-Gellers, die über telekinetische Fähigkeiten zu verfügen schienen. Die erfolgreichste Versuchsreihe erfolgte mit dem Berner Grafiker Silvio. Hans Bender hätte Uri Geller auch gern selbst wissenschaftlich an seinem Forschungsinstitut untersucht. In einem persönlichen Gespräch zwischen Bender und Geller in Offenburg im Januar 1974 erklärte sich Geller zunächst zu einer solchen Untersuchung bereit. Danach jedoch schlugen alle Versuche fehlt, mit Geller einen Termin zu finden.
von Sarah Seemann und Tülin Usluer
Bender, Hans: Zur Uri Geller-Epidemie, in: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 16 (1974), S. 43-45.
Bender, Hans u.a.: Der „Geller-Effekt“ – eine Interview- und Fragebogenuntersuchung, in: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 17, Nr. 4 (1975 – Teil I); 18, Nr. 1 und 6 (1976 - Teile II und III).