Der Nestor der deutschen Parapsychologie: Hans Bender (1907–1991)

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Der Nestor der deutschen Parapsychologie: Hans Bender (1907–1991)

Historischer Peterhof der Universität Freiburg, Niemensstraße 10

Länge: 05:38 min
Nicole Freyler

Hans Bender gilt als Wegbereiter der akademischen Parapsychologie in Deutschland. 1907 in Freiburg geboren, studierte er zunächst Rechtswissenschaften in Lausanne und Paris, ab 1927 Psychologie, Philosophie und Romanistik in Freiburg, Heidelberg, Berlin und schließlich in Bonn, wo er 1933 über Psychische Automatismen promovierte. Diese Arbeit befasste sich mit den psychologischen Grundlagen des „Glasrückens“ und möglichen telepathischen Einflüssen. Im Vorwort der 1936 erschienen Arbeit umriss Bender das Programm für eine akademische Parapsychologie: „Es gilt, Tatsachen sachlich zu prüfen und sie gegen zwei Fronten zu sichern: gegen die apriorischen Negativisten und gegen die gläubigen Okkultisten. Die psychologischen Forschungsstätten und das psychologische Rüstzeug scheinen mir zu einer solchen Mittlerstellung besonders geeignet zu sein.“

Während seiner Assistententätigkeit am Bonner Psychologischen Institut (1935 bis 1941) absolvierte Bender ein Zweitstudium in Medizin, das er 1939 abschloss. 1941 habilitierte er über Experimentelle Visionen an der Bonner Philosophischen Fakultät. Im selben Jahr wurde er an die während der nationalsozialistischen Besatzungszeit im Elsass gegründete Reichsuniversität Straßburg berufen. Dort lehrte er als außerordentlicher Professor von 1942 bis zu seiner Internierung durch die amerikanische Armee im November 1944 Allgemeine und Klinische Psychologie. Zudem war Bender in Straßburg an Forschungen eines Grenzwissenschaftlichen Instituts beteiligt.

Im Juli 1945 kehrte Bender in seine Heimatstadt Freiburg zurück und forcierte dort den Auf- und Ausbau der Parapsychologie. Er gründete 1950 das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V. (IGPP), das sich der Erfassung und Erforschung sogenannter paranormaler Phänomene widmete. In seiner Eröffnungsrede am 19. Juni 1950 betonte Bender zudem die aufklärerische Seite seines Instituts: „Die Vermittlung von Kenntnissen über Erscheinungsformen der Begegnung mit dem Ungewöhnlichen“ sei von zentraler Bedeutung, so Bender, „denn schon das Nennen bannt bekanntlich die Dämonen.“

Seit 1946 lehrte Bender auch am Psychologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität. Im Jahr 1954 erhielt er eine Professur für „Grenzgebiete der Psychologie“. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war die Parapsychologie fester Bestandteil der Lehre an der Freiburger Universität. 1967 wurde Benders Professur in einen Lehrstuhl umgewandelt und eine „Abteilung für Grenzgebiete der Psychologie“ eingerichtet. Die Räumlichkeiten des Lehrstuhls befanden sich im Alten Peterhof, in dem von 1961 bis 2002 auch der Sitz des Psychologischen Instituts war. Hans Benders Lehrveranstaltungen, besonders seine als „Benders Geisterstunde“ bekannten Vorlesungen, waren unter den Freiburger Studierenden (nicht nur den Psychologiestudierenden) sehr beliebt. Dies lag nicht nur an faszinierenden Themen wie Telepathie oder Spuk, von denen Bender aus erster Hand berichten konnte, sondern auch an der Atmosphäre im Hörsaal und den rhetorischen Fähigkeiten des charismatischen Redners.

 

Hier einen Vortrag von Hans Bender von 1973 als Podcast hören.

 

Spätestens seit dem „Spuk von Rosenheim“ war Bender auch der breiten Öffentlichkeit bekannt. In einer Anwaltskanzlei im bayrischen Rosenheim war es 1967 zu merkwürdigen Zwischenfällen gekommen, die physikalisch nicht erklärt werden konnten (Lampen explodierten, Möbel und Bilder bewegten sich). Das IGPP wurde eingeschaltet und Benders Untersuchungen vor Ort von Presse und Fernsehen dokumentiert. Es zeigte sich, dass die Zwischenfälle immer in Anwesenheit einer jungen Frau auftraten, die in der Kanzlei ihre Ausbildung machte. Nach psychologischen Untersuchungen dieser „Fokusperson“ war Bender davon überzeugt, dass ein paranormales Phänomen, nämlich Psychokinese, d.h. die psychische Beeinflussung physikalischer Bewegungen, vorlag.

Nicht nur in diesem Fall arbeitete Bender eng mit den Massenmedien zusammen. Er war stets bemüht, die Parapsychologie als seriöse Wissenschaft zu präsentieren. Trotz aller Angriffe auf seine Person und seine Arbeit zeigte Bender sich stets optimistisch. Er war überzeugt, dass sich die Parapsychologie zur „vollwertigen Disziplin“ entwickeln würde. Auf die Frage, ob sein jahrzehntelanges Ringen vergeblich war, antwortete er Anfang der 1980er-Jahre in einem Fernsehinterview: „Aber ganz bestimmt nicht. [...] ich schaue allen Versuchen mich in der Luft zu zerreißen [...] lächelnd zu und sage einfach, [...] wer zuletzt lacht, lacht am Besten – und das bin mit absoluter Sicherheit ich.“

1975 wurde Bender emeritiert, blieb allerdings bis zu seinem Tod 1991 Direktor des IGPP. Seine Nachfolge als Universitätsprofessor wie als Institutsleiter trat sein langjähriger Mitarbeiter Johannes Mischo (1930–2001) an. Nach dessen Emeritierung endete die langjährige, unmittelbare Verbindung der Grenzgebiete mit der Universität – 1998 wurde das Ordinariat in einen Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie umgewandelt. 

von Christoph Henseling

Bauer, Eberhard: Hans Bender und die Gründung des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, in: Jürgen Jahnke u.a. (Hrsg.): Psychologiegeschichte. Beziehungen zu Philosophie und Grenzgebieten, München/Wien 1998, S. 461–476.

Gruber, Elmar R.: Suche im Grenzenlosen. Hans Bender – Ein Leben für die Parapsychologie, Köln 1993.

Hausmann, Frank-Rutger: Hans Bender (1907–1991) und das „Institut für Psychologie und Klinische Psychologie“ an der Reichsuniversität Straßburg 1941–1944, Würzburg 2006.

Lux, Anna: „Vom spielenden Gelingen“. Der Parapsychologe Hans Bender (1907–1991) und die mediale Öffentlichkeit, in: Historische Anthropologie 21 (2013), S. 343–366.