Die Zeitschrift "Esotera" als Forum der New-Age-Bewegung

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Die Zeitschrift "Esotera" als Forum der New-Age-Bewegung

Kronenstraße 2 (ehem. Sitz Hermann Bauer Verlag)

Länge: 03:24 min
Nicole Freyler

Zum ersten Mal erschien 1970 die Esotera unter diesem Namen. Sie trat mit deutlich missionarischem Charakter an. Ihr Ziel war es, als Vorkämpferin des New Age das „‚olympische Feuer des Geistes weiter und weiter zu tragen, in jedes Haus, Hirn und Herz hinein“, wie es im Editorial hieß. Die Artikel der Zeitschrift beschäftigten sich mit dem weiten Feld des Okkulten – mit Parapsychologie ebenso wie mit Magie, Mystik, geistigem Heilen oder Reinkarnation.

Damit knüpfte die Esotera inhaltlich an ihre Vorgänger an. Bereits 1949 war die Zeitschrift unter dem Titel Okkulte Welt mit dem Untertitel „Übersinnliches Geschehen/Spiritismus, Magie, Astrologie und Okkulte Grenzgebiete“ in Hannover erschienen. Ein Jahr später wurde sie an den Löwen-Verlag verkauft, der sie in Okkulte Stimme umbenannte. Mit dieser sollte zunächst ein kleiner Kreis angesprochen werden, „der sich nicht zufrieden gibt mit den bloßen Tatsachen ungewöhnlich erscheinender okkulter Art, sondern diese darüber hinaus dem geistigen Wachstum, einer ernsten und vertieften Lebensführung dienstbar zu machen sucht.“ 1958 erwarb der Freiburger Hermann Bauer Verlag die Zeitschrift, die seit dem Folgejahr als Die andere Welt erschien. Erstmals tauchte nun im Editorial das „Neue Zeitalter“ (New Age) auf, und die Inhalte verschoben sich allmählich vom Okkulten hin zu spirituellen und esoterischen Fragen.

Cover der ersten Ausgabe der Esotera, Januar 1970 (IGPP-Bibliothek, Bestand Z 39)

Eine zentrale Rolle für die Esotera spielte Gert Geisler, der 1973 die Schriftleitung von seinem Vater übernommen hatte. Unter Geisler, der 28 Jahre die Redaktion leitete, änderten sich Konzept, inhaltliche Ausrichtung und Design der Zeitschrift. Sie widmete sich nun der „Wunderwelt an den Grenzen unseres Wissens“ mit Themen aus Parapsychologie, New Age sowie Holistik. Als Abonnentenzeitschrift hatte die Esotera zwischen 1970 und 1985 eine Auflage von ca. 20.000 Stück. Als in den 1980er-Jahren Esoterik und New Age auch in Deutschland populär und die Bücher von Marilyn Ferguson und Fritjof Capra zu Bestsellern wurden, wagte die Esotera den Sprung aus der Nische und man bot die Zeitschrift auch am Kiosk an. Mit beachtlichem Erfolg – die Auflage erhöhte sich auf 60.000 und die Esotera war nicht mehr nur das wichtigste Organ der Esoterikszene, sondern die wichtigste deutschsprachige Esoterikzeitschrift überhaupt. Das Ziel, mit dem sie 1970 angetreten war – bei der Beschäftigung mit Grenzwissen „aus dem obskuren Halbdunkel des Abseitigen und Sektiererhaften [...] in das Licht der Weltöffentlichkeit“ hinauszutreten –, war erreicht worden. Doch die Ankunft im Mainstream hatte auch ihre Schattenseite. Die Konkurrenz auf dem Zeitschriftenmarkt nahm zu und die Esotera musste wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten verkauft werden. Sie verlor an Niveau und Einfluss und widmet sich heute verschiedensten Themen unter dem Untertitel „Gesundheit – Spiritualität – Lebensfreude“.

von Christoph Henseling

Riffert, Gabrielle: Die „Esotera“ – Forum des „New Age“. Unveröffentlichte Diplomarbeit (1987), in: IGPP- Archiv, Bestand 40/1/102.

Utsch, Michael: Mangelt es Esotera und Connection an „Erleuchtung“? Veränderungen bei spirituell orientierten Zeitschriften, in: Materialdienst 10 (2003), S. 384–387.