Die Tagung der Parapsychological Association in Freiburg (1968)

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Die Tagung der Parapsychological Association in Freiburg (1968)

Aula der Universität, Platz der Universität 3

Länge: 04:49 min
Reinhard Nürnberg

Die Aula kann mit Recht als „gute Stube“ der Freiburger Universität bezeichnet werden. Aber nicht nur feierliche Veranstaltungen fanden hier statt. Auch das Okkulte hielt regelmäßig Einzug, wenn der Parapsychologe Hans Bender seine Vorlesungen hielt, die als „Benders Geisterstunde“ bekannt wurden. Im Herbst 1968 versammelten sich hier zudem die führenden Köpfe der internationalen Parapsychologie zu einer Tagung der Parapsychological Association (PA).

Die PA ist die größte wissenschaftliche Gesellschaft, die sich ausschließlich der Parapsychologie widmet. Gegründet wurde sie 1957 von Joseph Banks Rhine (1895–1980), einem der Wegbereiter der modernen Parapsychologie in den USA. Die Gesellschaft war von Anfang an international und interdisziplinär ausgerichtet und bemüht sich bis heute darum, dass die Parapsychologie als gültige Wissenschaft anerkannt wird. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war 1969 die Aufnahme der PA in die American Association for the Advancement of Science, der weltweit größten Wissenschaftsgesellschaft. Um Forschungsergebnisse auszutauschen und zu diskutieren, organisiert die PA seit ihrer Gründung einmal im Jahr eine große Tagung – vom 5. bis 7. September 1968 fand diese in Freiburg statt.

Dass die Wahl auf Freiburg fiel, hängt mit Hans Bender zusammen. Als Professor für Grenzgebiete der Psychologie konnte er auf die Ressourcen der Universität zurückgreifen und als Leiter des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) sowie Mitglied der PA war er innerhalb der Parapsychologie gut vernetzt. Bender und das Team des IGPP erledigten die Organisation der Tagung. Die 140 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus verschiedenen Staaten mussten einzeln angeschrieben, angemeldet und untergebracht werden; die Teilnehmer aus der Tschechoslowakei mussten zudem mit einem beschleunigten Einreiseverfahren unterstützt werden. Weiterhin wurden die Vorträge, die präsentiert und diskutiert wurden, vorab gesammelt und den Tagungsteilnehmern zur Verfügung gestellt. Diese Vorträge bildeten den wissenschaftlichen Teil der Tagung und fanden in der Aula statt. Begleitet wurden sie durch Filmvorführungen und live durchgeführte Experimente. Zwei der Themen seien hier genannt: Der damals höchst aktuelle und von Bender untersuchte Spukfall von Rosenheim (Oberbayern), bei dem in einer Anwaltskanzlei unerklärliche Phänomene auftraten (Bilder fielen von den Wänden, Lampen flackerten und das Telefon rief „von selbst“ die Auskunft an). Ein anderes Thema war das Sweethearts-Experiment, in dessen Rahmen untersucht wurde, ob Menschen, die in besonderer Beziehung zueinander stehen (Verliebte, Verlobte, frisch Verheiratete) auch über besondere Kanäle der Wahrnehmung füreinander verfügen.

Den gesellschaftlichen Rahmen der Tagung bildete ihre feierliche Eröffnung in der Aula, bei der auch Repräsentanten der Hochschulleitung und der Stadt Freiburg Grußworte sprachen. Zudem gab es einen Empfang im IGPP auf der Eichhalde. Auch in der Öffentlichkeit wurde die Tagung wahrgenommen. Besonders beeindruckt waren die Journalisten vom Institutsgebäude auf der Eichhalde. Die Badische Zeitung etwa schrieb: „Auf einem Empfang, den Professor Bender, der Freiburger Ordinarius für Grenzgebiete der Psychologie, in der Eichhalde gab, konnten sich die 140 Teilnehmer des Kongresses davon überzeugen, daß das Institut ein modernes Gebäude ist, mit Bibliothek und einem reich mit Testapparaten bestückten Versuchslaboratorium im Kellergeschoß.“

Tagung der Parapsychological Association in Freiburg, 1968 (in: IGPP-Archiv, Bestand 2/2)

Auch in der ZEIT wurde über die Tagung berichtet. In einem ganzseitigen Artikel reflektierte der Leiter des Wissenschaftsressorts über die Probleme der Parapsychologie auf ihrem Weg zur Anerkennung als Wissenschaft: „Ja, ich bin voreingenommen. Wenn zum Beispiel ein Botaniker über ein Experiment berichtet, aus dem statistisch hervorgeht, dass ein starkes Magnetfeld das Wachstum einer bestimmten Pflanze fördert, dann bin ich bereit ihm zu glauben […].“ Anders verhält es sich mit der Parapsychologie. Zugleich sei es beruhigend, dass auch in dieser Diziplin „Fachleute gelegentlich von Zweifeln geplagt werden. […] Ein Podiumsgespräch wurde mit der Vorführung eines Filmes eingeleitet, in dem ein Mann zu sehen war, der Bilder auf eine Photoplatte denken kann. Ted Serios […] konzentrierte sich auf ‚Urmensch‘. Unter sichtlich großer Anspannung brüllend riss er seinen Kopf vor eine Polaroid-Kamera, deren Auslöser, soweit ich es beobachten konnte, in dem Moment betätigt wurde, als der Mann in die Linse starrte. Nach anfänglich missglückten Versuchen gelang es Seriös [sic] schließlich mehrfach, das Bild eines hockenden Urmenschen auf den Film zu bannen. Er glich aufs Haar dem Ausschnitt eines Gemäldes, das im Museum von Denver hängt. Als die Anwesenden diese Demonstration bestaunten, meinte hinter mir jemand respektlos: ‚Vielleicht hat sich der Kerl das Bild mit einer radioaktiven Flüssigkeit auf die Wange gemalt.’ Ich sah mich nach dem Häretiker um – es war einer der Referenten vom Tag vorher.“

In diesem Artikel spiegeln sich die Aspekte, die die Debatte um die Wissenschaftlichkeit der Parapsychologie bis heute begleiten: hartnäckige Vorurteile der Öffentlichkeit und eine ausgeprägte Skepsis gegenüber dem Gegenstand auch unter den Forschern selbst.

von Maximilian Baunach

Binder-Hagelstange, Ursula: „Die dynamischen Kräfte der Psyche“, in: Badische Zeitung vom 11.9.1968.

Lischke, Gottfried: Bericht über den XI. Kongress der Parapsychological Association 1968, in: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 11 (1968), S. 89–103.

Parapsychological Association: Begriffe und Methoden der parapsychologischen Forschung [übersetzt von Eberhard Bauer], in: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie 31 (1989), S. 274–277.

Randow, Thomas von: Sein Name ist Psi, in: Die Zeit vom 13.9.1968.